"Wenn ein Schwimmbad schließt, ertrinken Menschen"

Die Stadt Leinefelde-Worbis hat am heutigen Tag einen Brandbrief an die Abgeordneten des Thüringer Landtags, die Fraktionsvorsitzenden der im Landtag vertretenen Parteien sowie die Thüringer Staatskanzlei übermittelt. Der Anlass: Die im aktuellen Haushaltsentwurf vorgesehene Beschränkung der Bäderförderung auf Kommunen mit weniger als 15.000 Einwohnern. Damit wäre Leinefelde-Worbis mit seinen knapp über 20.000 Einwohnern vollständig von finanzieller Unterstützung ausgeschlossen – trotz zentraler Versorgungsfunktion für eine ganze Region.

Bürgermeister Christian Zwingmann spricht von einer „systemrelevanten Infrastruktur, deren Zukunft auf dem Spiel steht“ und fordert gemeinsam mit dem Stadtrat eine sofortige Überarbeitung der Förderkriterien.

Leinebad: Unverzichtbare Säule regionaler Daseinsvorsorge

Das Leinebad ist weit mehr als eine Freizeiteinrichtung. Es übernimmt Funktionen, die weit über die Stadtgrenzen hinausreichen – und die im Eichsfeld sowie in benachbarten Regionen alternativlos sind:

  • Schulschwimmen: Rund 85 Prozent des Schulschwimmens im gesamten Landkreis Eichsfeld finden im Leinebad statt. Auch Schulen aus Nordhausen und Göttingen nutzen das Bad mangels Alternativen.
  • Hohe Nachfrage: Mit jährlich 180.000 bis 185.000 Besuchern gehört das Leinebad zu den meistfrequentierten Hallenbädern im ländlichen Raum Thüringens.
  • Gesundheit und Rettungswesen: Das Therapiebecken ist vollständig ausgelastet, Reha-Angebote und Kurse der Rheuma-Liga sind dauerhaft stark nachgefragt. Außerdem trainieren DRK, DLRG und Katastrophenschutz regelmäßig vor Ort.
  • Sozialer Treffpunkt: Das Bad bietet Angebote für Familien, Vereine, Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit Behinderungen und ist ein zentraler Ort der Begegnung.

„Wenn das Leinebad geschwächt wird, betrifft das nicht nur Leinefelde-Worbis, sondern das gesamte Eichsfeld. Es geht um Bildung, Gesundheit, Sicherheit und Teilhabe“, betont Zwingmann.

Stadt warnt: Kürzungen gefährden regionale Infrastruktur

Der Haushaltsentwurf des Landes Thüringen sieht für die Jahre 2026/2027 nur noch 8 bzw. 6 Millionen Euro für Bäder in Kommunen unter 15.000 Einwohnern vor – nach 15 Millionen Euro im Vorjahr. Für größere Kommunen wie Leinefelde-Worbis sind keine Mittel vorgesehen. Fast drei Viertel aller Thüringer Hallenbäder gingen damit künftig leer aus. 

„Wir werden dafür bestraft, dass wir als Mittelzentrum Verantwortung für unser Umland übernehmen“, heißt es im Brandbrief. Die beschlossene Einwohnergrenze sei „nicht sachgerecht“ und widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Besonders kritisch: In der Vergangenheit wurden 36 Bäder unterstützt, künftig wären es nur noch zehn.

Stadt investiert seit Jahren – Belastungsgrenze erreicht

Die Stadt Leinefelde-Worbis hat in den vergangenen Jahren umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen umgesetzt:

  • energetische Sanierung mehrerer Fassaden
  • Erneuerung des Rutschenturms
  • Einsatz einer Photovoltaikanlage
  • fortlaufende technische Modernisierung
  • Modernisierung von Behindertendusche und Fahrstuhl (mit Landesmitteln)

Trotz dieser Anstrengungen sind die Kosten für Energie, Personal und Technik stark gestiegen. Die Stadt trägt jährlich hohe Betriebskostenzuschüsse – zuletzt rund 450.000 Euro.

„Schwimmen zu können, ist kein Luxus. Es ist eine Überlebenskompetenz. Ein Theater ist wichtig – aber wenn ein Schwimmbad schließt, ertrinken Menschen. Diese Aufgabe kann keine Kommune allein schultern“, so Bürgermeister Zwingmann.

Forderungen an das Land Thüringen

Der Bürgermeister und der Stadtrat fordern:

  1. Streichung der 15.000-Einwohner-Grenze
    Fördermittel müssen sich an regionaler Bedeutung und Versorgungsfunktion orientieren.
  2. Stoppen der Kürzungen
    8 bzw. 6 Millionen Euro für ausgewählte Kommunen reichen nicht aus, um die bestehende Infrastruktur in Thüringen zu sichern.
  3. Erfüllung der Zusagen aus dem Koalitionsvertrag
    Der Erhalt der Hallenbäder wurde dort ausdrücklich festgeschrieben.

„Das Leinebad ist ein Leuchtturm im ländlichen Raum“

Die Stadt Leinefelde-Worbis appelliert an die Abgeordneten, die Kriterien im Haushaltsentwurf zu korrigieren und eine gerechte, bedarfsgerechte Förderung sicherzustellen.

„Das Leinebad darf nicht fallen. Wenn wir jetzt nicht handeln, verlieren wir mehr als ein Gebäude – wir verlieren Sicherheit, Bildung und Lebensqualität für tausende Menschen“, verdeutlicht Christian Zwingmann.